Warum ist das Corona-Virus auch eine Gefahr fürs Herz? – Artikel Luzerner Zeitung

24.03.2020

Nach Herzinfarkt und Stent-Implantation vor einem halben Jahr gelte ich (m, 55) als Corona-Risiko-patient. Ich halte mich an die Empfehlungen, aber mir ist nicht klar, weshalb sich das Virus aufs Herz auswirkt.

Vielen Dank für Ihre Frage, die in dieser und auch ähnlicher Form an unserer Klinik in den letzten Tagen häufig gestellt wird. Erst einmal eine positive Anmerkung zum Corona-Virus (SARS-CoV-2) und zur damit verbundenen Erkrankung (Covid-19): Die überwiegende Zahl der Infektionen (über 80 Prozent) verläuft bisher mo­derat, meist mit grippeähnli­chen Symptomen, unter ande­rem Husten (55 Prozent), Fieber (39 Prozent), Schnupfen (28 Prozent), Halsschmerzen (23 Prozent) oder Atemnot (3 Prozent). Die Zahlen stammen vom Robert-Koch-Institut. Neben einer ausgeprägte­ren Symptomatik kommt es bei etwa 3 bis 6 Prozent der positiv getesteten Personen zu lebens­bedrohlichen Verläufen mit Lungen- oder multiplem Organversagen. Schwere Verläufe können in jedem Alter auftreten, ab etwa 60 Jahren steigt das Risiko jedoch konti­nuierlich an, und bei über 85-Jährigen kann die Sterbera­te auf über 25 Prozent steigen. Neben dem Alter gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den wichtigsten Risikofak­toren für einen ungünstigen Verlauf, insbesondere bei Patienten mit Verengungen an den Herzgefässen (z. B. nach Stent oder Herz-Operation). Nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall ist das Risiko ebenso erhöht wie bei Herz­schwäche, Bluthochdruck, Diabetes oder deutlichem Übergewicht. Da Covid-19 primär eine Infektion der Atemwege ist, sind auch Rau­cher und Patienten mit Asthma oder COPD einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Weiter zu nennen sind schwere andere Organerkrankungen (z. B. Leber, Nieren, Krebs, Störun­gen des Immunsystems – auch z. B. Einnahme von Cortison).

Vorsicht, auch wenn sich ein Herzpatient fit fühlt

Es kann zwar auch bei Risiko­patienten mildere Verläufe von Covid-19 geben, aber welche das sind, lässt sich nicht ab­schätzen. Auch wer sich als Risikopatient fit fühlt, sollte sich daher wie Sie strikt an die Empfehlungen des BAG hal­ten: Möglichst zu Hause blei­ben, Hygienemassnahmen, Kontakte minimieren (auch zu Kindern und Enkeln), Abstand von zwei Metern wahren ausser bei Personen, die im selben Haushalt leben. Die von Ihnen aufgeworfe­nen Fragen bezüglich Herz sind nicht einfach zu beant­worten. Bislang gibt es zum neuen Virus noch wenige gesicherte Daten, und das Geschehen ist sehr komplex. Eine mögliche Erklärung: SARS-CoV-2 bindet an einen Rezeptor, welcher sowohl in der Lunge wie auch am Herz- Gefässsystem, an der Immun­abwehr und auch bei Diabetes eine Rolle spielt. Weiter ist denkbar, dass das Virus direkt die Herzmuskel­zellen schädigen kann, im Sinne einer Herzmuskelent­zündung (Myokarditis), die für ein vorgeschädigtes Herz speziell belastend sein könnte. Elementar ist, dass Herz­patienten nicht von sich aus ihren Therapieplan abändern oder gar Medikamente abset­zen. Konsultieren Sie bei Unsicherheit unbedingt tele­fonisch Ihren Hausarzt oder Ihren Kardiologen. Er kann Sie auch beraten zu einer Impfung gegen Grippe, die auch jetzt noch Sinn machen kann, und gegen Pneumokokken, die ihrerseits eine Lungenentzün­dung verursachen können.

Kurzantwort

Covid-19 kann aus noch nicht ab­schliessend geklärten Gründen für Herzpatienten sehr bedroh­lich werden. Nicht jeder infizierte Herzpatient entwickelt eine schwere Symptomatik, an die BAG-Empfehlungen sollten sich aber alle zwingend halten. Bei Unsicherheiten zuerst den Arzt telefonisch konsultieren.

 

PD Dr. med. Georg Fröhlich

Lesen Sie den Beitrag auch auf www.luzernerzeitung.ch/ratgeber